Während für einen Gewerbe-Energiepark 29 Millionen Euro reserviert sind, denkt das Kraftfahrt-Bundesamt an eine Zweigstelle
Patricia Wagner und Carlo Jolly Seeth/Flensburg Fast zwei Jahre lang hatte die ehemalige Stapelholm-Kaserne gar keine Zukunftsperspektive mehr – jetzt gibt es gleich zwei hochkarätige Optionen: Ein Investor möchte in einen Gewerbe-Energiepark 29 Millionen Euro investieren und plant bereits mit 170 Arbeitsplätzen. Nun streckt offenkundig auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) seine Fühler nach dem Areal aus. Offiziell äußert sich die Flensburger Behörde auf Anfrage unserer Zeitung zwar nicht konkret: „Im Zusammenhang mit dem erwarteten Personalzuwachs beabsichtigt das Kraftfahrt-Bundesamt, in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, zusätzliche Büro räume zu gewinnen. So kommen unter anderem leerstehende Räumlichkeiten, wie zum Beispiel die Holmpassage (Flensburg) sowie Bundeswehrliegenschaften, in Betracht“, heißt es in Flensburg.
Das KBA darf hoffen, im Zuge der Umsetzung der Pkw-Maut, bis Ende 2020 bis zu 700 Arbeitsplätze für die neue Aufgabe schaffen zu können. Und als möglicher Standort für die gesamte Aufgabe oder Teile davon gerät neben der Flensburger Holmpassage oder dem Fernmeldebereich 91 in der Marineschule Mürwik auch die Seether Stapelholm-Kaserne ins Visier. Es wäre die zweite KBA-Initiative in Nordfriesland: Die Behörde plant auf der Landebahn des alten Lecker Flugplatzes eine Versuchsstrecke für Abgas-Tests.
Berater wie Benny Wilms halten das großzügige Seether Kasernengelände mit seinen verlassenen Gebäuden, das derzeit anmutet wie eine kleine Geisterstadt, ideal für eine Wiederbelebung. „Hier ist Platz ohne Ende und alles noch in Schuss. Seeth ist einfach perfekt zur Reaktivierung“, erklärt der externe Berater der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland (WFG), die die zivile Nachnutzung des Areals koordiniert. Er zeigt auf Haus 38. Hier hat die Bundeswehr Fahrzeuge gewartet. „Sehen Sie, wie gut die Substanz ist? Für jede Idee steht hier das passende Gebäude.“
Lange hat sich hier wenig bewegt. Aber jetzt, nachdem das Verteidigungsministerium bekannt gegeben hatte, dass die Bundeswehr das 42-Hektar-Gelände mit seinen 73 Gebäuden nicht reaktivieren möchte, ist die Bahn frei für eine zivile Nutzung. Ein möglicher Gewerbe-Energiepark mit Investitionen von 29 Millionen Euro und bis zu 170 Arbeitsplätzen würde Seeth zu einem der größten Konversions-Projekte der Region machen.
Kürzlich stellten Planer der GKU Standortentwicklung im Seether Gemeinderat das Vorhaben vor. Sie bestätigten, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) an einen Käufer veräußern wird, der die Teilflächen weiterverpachtet. Namen fielen nicht. Beteiligt sei ein Konsortium verschiedener Firmen. Sie sollen ganz aus der Nähe kommen.
Das Areal wird den Planern zufolge in mehrere Bereiche für unterschiedliche Nutzung aufgeteilt. Auf einer Fläche soll regenerative Energie produziert und verwendet werden. Auch soll es Anlagen zur Entwicklung neuer Energien geben. Vorgesehen ist, dass die anfallende Energie vor Ort abgenommen wird. Wilms deutet auf den Sportplatz. „Wenn man hier Photovoltaik hinbaut, könnte man bestimmt 1,5 Megawatt erzeugen.“
Nach wie vor gilt, dass ein Gewerbegebiet unter Ausschluss von Einzelhandel entsteht, um benachbarte Nahversorger nicht zu gefährden. „Was nicht passieren darf, ist, dass man etwa Friedrichstadt Konkurrenz macht“, sagt Berater Wilms. Aber das sei in einer interkommunalen Vereinbarung festgehalten.
Und das Kraftfahrt-Bundesamt? Es soll bereits Gespräche zwischen dem KBA, der WFG und dem Amt Nordsee-Treene geben. Es soll dabei um Überlegungen gehen, auf dem Areal eine Zweig-Niederlassung zu errichten. Bislang hat das 1000-Mitarbeiter-Amt aus Flensburg lediglich eine Mini-Dependence in Dresden. Sollten sich die Seeth-Pläne verfestigen, könnten sich ehemalige Mannschafts-Unterkünfte eignen. Hier waren Soldaten in 15 bis 20 Quadratmeter-Stuben untergebracht.
Auf das Thema angesprochen, erklärt Stefan Bohlen vom Amt Nordsee-Treene: „Sollten sich die Planungen konkretisieren und sollte eine Absichtserklärung des KBA vorliegen, würde das Amt diese Entwicklung sehr begrüßen und gemeinsam mit der Gemeinde Seeth erforderliche Begleitprojekte – zum Beispiel ein Ortsentwicklungskonzept – auf den Weg bringen.“
Die Bima strebt nun ein Bieterverfahren an. Das große Tor an der B 202 bleibt zunächst verschlossen